Was gibt es Neues in Hamburgs Architekturszene?

Was gibt es Neues in Hamburgs Architekturszene? Vor ein paar Wochen berichteten wir hier von den neuesten Architektonischen Entwicklungen in der Hansestadt. Ein paar der dort aufgeführten Projekte möchten wir gerne genauer vorstellen. Wir beginnen mit dem Bunker auf St. Pauli.

#Bunker St. Pauli. Es ist eines der spektakulärsten und schwierigsten Bauprojekte in Hamburg: Der Bunker im Herzen von St. Pauli wurde um fünf pyramidenartige Geschosse erweitert. Visuelles Highlight des landschaftsarchitektonischen Pionierprojekts ist der spektakuläre Dachgarten, der wohl in ganz Deutschland einzigartig ist: mit einem fantastischen Panoramablick über Hamburg, in Sichtachse zur Elbphilharmonie und mit einem bepflanzten „Bergpfad“, der sich außen um den Bunker entlang nach oben schlängelt.

Bunker St. Pauli

Bunker St. Pauli © a-tour

Die Begrünung und Aufstockung des Bunkers um 20 auf nun 58 Meter stößt seit Langem national und international auf großes Interesse. Zusätzlich zu dieser neuen öffentlichen Naturoase erhält der Weltkriegskoloss zum ersten Mal eine Gedenkstätte für die Opfer des NS-Regimes und des Zweiten Weltkrieges. Zudem entstehen Räume für Stadtteilkultur, Ausstellungsflächen sowie eine Halle für Sport- und Kulturveranstaltungen, Unterkünfte für Stipendiaten und Künstler und das Reverb-Hotel.

Grüner Bunker auf St. Pauli

Seit November 2022 werden die verschiedenen Etagen des Bunkers und der Bergpfad begrünt. Die Begrünung des Feldbunkers ist seit der ersten Idee ein komplexes Unterfangen. Die Standortbedingungen hoch oben sind mit Trockenheit, Wind, Hitze und Frost extrem. Rund 7600 Quadratmeter Fläche und 1700 Quadratmeter Fassade sollen insgesamt begrünt werden. Dafür braucht es 2300 Kubikmeter Substrat und extra Bodengitter, an denen Stämme und Wurzelballen fixiert werden. Für die Bewässerung sind Tropfleitungen und Unterflurbewässerungen nötig. Regenwasser soll über ein offenes Kaskadensystem abgeführt werden und die Bepflanzung mit allein 4700 Bäumen, Hecken, überhängenden Gehölzen und Kletterpflanzen sowie mehr als 16000 bodendeckenden Stauden dabei wie ein Schwamm funktionieren.

Bepflanzung Bunker St. Pauli

Start Bepflanzung Bunker St. Pauli © Anita Engels – Hilldegarden e.V.

Der Aufstieg um das Bestandsgebäude, der „untere Bergpfad“, soll 330 Meter lang werden, der „obere Bergpfad“ um den Neubau 230 Meter. Der öffentliche „Stadtgarten“ in fast 60 Metern Höhe umfasst laut Planung rund 1400 Quadratmeter Fläche. Allein an der Pflanzplanung waren etliche Experten aus unterschiedlichen Disziplinen beteiligt. Wissenschaftlich begleitet wird die als eines der ambitioniertesten Begrünungsprojekte geltende Umgestaltung vom Fachgebiet Gebäudetechnik und Entwerfen der TU Berlin. Evaluiert werden soll, inwiefern sich eine solche Begrünung auf das Stadtklima auswirkt.

Grüner Bunker auf St. Pauli

1942 wurde der Hochbunker in nur 300 Tagen gebaut, auch mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern, sollte er an der Feldstraße als einer von zwei sogenannten Flaktürmen zunächst vor allem der Flugabwehr dienen. Zudem war er Propagandamittel des NS-Regimes. Während des Zweiten Weltkrieges fanden Zehntausende Hamburger Schutz vor alliierten Luftangriffen. 1990 wurde der Bunker verkauft und umgebaut. 1993 erwarb Investor Thomas Matzen das Erbbaurecht. Mittlerweile ist der Bunker St. Pauli seit langem Sitz von Unternehmen aus Medien, Kultur und Kreativwirtschaft. Sie werden hier auch nach der Aufstockung unverändert ihre Heimat haben. Die Aufstockung des denkmalgeschützten Gebäudes wurde nach einigem Hin und Her 2017 genehmigt, die erste aufgestockte Etage konnte 2020 betoniert werden.

Vor zehn Jahren hatte Mathias Müller-Using als Nachbar die Idee, die er mit den Architekten seines Kreativunternehmens Interpol Studios entwarf. Er konnte den Investor Matzen überzeugen, das spektakuläre Projekt umzusetzen – maßgeblich unterstützt durch die Politik. Die vom Bauherrn Matzen Immobilien KG privat finanzierten Kosten betragen etwa 60 Millionen Euro. Er trägt auch die Kosten für die intensive Pflege des öffentlichen Stadtgartens.

Seit Baustart Mitte 2019 arbeiten etwa 180 Menschen und 25 Gewerke an der Umsetzung. Dann kamen Corona, Lieferengpässe und der Fachkräftemangel. So verschob sich die Eröffnung von 2021 auf 2022 und nun auf Ende 2023 – wenn dieses Mal nicht wieder etwas dazwischenkommt.

Mehr Informationen können Sie auf unserer Architekturführung St. Pauli erfahren.