Neustart für das südliche Überseequartier

Seit Oktober 2011 ruhten die Bauarbeiten im südlichen Überseequartier. Während das nördliche Überseequartier von 2007 bis 2010 mit einer Nutzungsmischung aus Mietwohnungen, Einzelhandel, Gastronomie, einem Hotel und Büroflächen  durch das ursprüngliche Investorenkonsortium – bestehend aus Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft, ING Real Estate und SNS Property Finance (heute: Propertize) –  weitgehend realisiert werden konnte, stagnierte  die Entwicklung des südlichen Überseequartiers ab dem Jahr 2009/2010.

Die Finanzkrise hatte für die beiden Bankpartner des Konsortiums erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen. Als Folge davon zog sich ING Real Estate aus vielen europäischen Märkten vollständig zurück und schied im März 2013 aus dem Dreierkonsortium Überseequartier aus. Alle Rechte und Pflichten übernahmen daraufhin die beiden verbliebenen Partner SNS sowie Groß & Partner. Doch auch an SNS ging die Finanzkrise nicht schadlos vorüber: Wegen der Immobilienrisiken wurde das Unternehmen Anfang 2013 vom niederländischen Staat übernommen und heißt heute Propertize.

Neustart für das südliche Überseequartier

Vor dem Hintergrund dieser veränderten Ausgangslage haben Propertize und Groß & Partner in Abstimmung mit der HafenCity Hamburg GmbH das Jahr 2013 dafür genutzt, im Rahmen eines abgestuften Investorenauswahlverfahrens nach einem kapitalstarken Gesamtentwickler und Eigentümer für das südliche Überseequartier zu suchen und ein deutlich effizienteres Einzelhandelskonzept zu entwickeln. Bis November 2013 wurden potentielle Bauherren zur Abgabe eines Angebots aufgefordert, was zu einer umfassenden Marktmobilisierung mit  Angeboten von Unternehmen mit Hauptsitz in Australien, den USA, Kanada, dem arabischen Raum und dem europäischen Ausland führte. In Abstimmung mit der Freien und Hansestadt Hamburg wurde das Konzept und Gebot von Unibail-Rodamco zur weiteren Verfolgung ausgewählt. Im April 2014 haben Groß & Partner und Propertize unter Beteiligung der FHH, vertreten durch die HafenCity Hamburg GmbH, die Verhandlungen aufgenommen.

Für die Entwicklung und Realisierung des südlichen Überseequartiers im Herzen der HafenCity steht nun mit der Unibail-Rodamco ein neuer Partner für die Gesamtentwicklung und die Realisierung bereit. Es entsteht ein weitgehend offenes und urbanes, nicht klimatisiertes, aber gleichzeitig wettergeschütztes Einkaufsviertel, durchmischt mit weiteren publikumswirksamen Nutzungen.

Damit wurde die Chance genutzt, das ursprüngliche Konzept auf eine neue zukunftsfähige Basis zu stellen, den Einzelhandel wirkungsvoller  und attraktiver zu gestalten, den Anteil an Büroflächen zugunsten von Wohnungen zu reduzieren, das Kreuzfahrtterminal städtebaulich besser zu integrieren und für einen Wetter- und Windschutz zu sorgen. Seinen offenen, städtischen Charakter wird das südliche Überseequartier behalten. Die neue Waterfront an der Elbe soll durch ein architektonisch markantes und unverwechselbares Ensemble aus Kreuzfahrtterminal, Waterfront Towers und einem neuen gut 70 Meter hohen Gebäude des Architekten und Pritzker-Preisträgers Christian de Portzamparc geprägt werden.

Sowohl in seinem Nutzungskonzept als auch in der städtebaulichen Struktur knüpft das neue Konzept für das südliche Überseequartier an Themen der ursprünglichen Planung an. Der Neustart wird  aber auch dazu genutzt, durch neue Elemente deutlich bessere Voraussetzungen für den langfristig erfolgreichen Betrieb des Überseequartiers als mischgenutztes, kommerzielles Herz der HafenCity zu schaffen.

Der Büroflächenanteil wird zugunsten von Wohnen von ehemals geplanten 142.000 qm BGF auf nunmehr 90.300 qm BGF reduziert. Der Wohnanteil erhöht sich dadurch erheblich auf 92.700 qm BGF im gesamten Überseequartier (im Vergleich 48.000 qm BGF im alten Konzept). Die Wohnungen entstehen im überwiegenden Teil nördlich der U-Bahn-Trasse; damit sind Nutzungskonflikte mit dem (auch in Zukunft nicht völlig emissionsfreien) Kreuzfahrtbetrieb ausgeschlossen.

Das künftige Cruise Center HafenCity wird in ein Gebäudeensemble aus Hotel und Handelsflächen einziehen und auf zwei Ebenen mit insgesamt 4.600 qm BGF (zuvor: 3.000 qm BGF geplant; provisorisches Terminal heute 2.400 qm) deutlich leistungsfähiger und städtebaulich stärker mit dem Quartier verknüpft. Hinzu kommen ein unterirdischer Busbahnhof mit 12 Haltepositionen sowie eine unterirdische Taxivorfahrt. Damit können das starke Wachstum der Kreuzfahrt-aktivitäten und die wachsende Zahl der Kreuzfahrtgäste ihre Wirkung für die Innenstadt  entfalten.

Die Einzelhandelsfläche des südlichen Überseequartiers auf 80.500 qm Bruttogeschossfläche erhöht. Auf dieser vergrößerten Fläche lässt sich eine größere Diversität des Angebots darstellen. Außerdem können große Ankernutzer insgesamt für eine ausreichende  Grundfrequenz der Besucher auch innerhalb der Woche sorgen; davon profitieren wiederum kleinere und mittlere Läden und die vielen Erdgeschosslagen in der HafenCity. Das Überseequartier mobilisiert die Laufbeziehungen zwischen Elbphilharmonie, Speicherstadt, der zukünftigen Bebauung des Strandkais, der Shanghaiallee und dem Baakenhafenquartier. Aufgrund der positiven touristischen Entwicklung Hamburgs kann der Einzelhandel im neuen Konzept zusätzlich mit Entertainmentelementen kombiniert werden; damit wird die Besucherfrequenz insgesamt und insbesondere in den Abendstunden gestärkt.

Das neue städtebauliche Konzept für das südliche Überseequartier knüpft an Elemente der bisherigen Planung an, etwa in der Fortführung der Backstein-materialität im zentralen Bereich, die dem gesamten Zentrum der HafenCity eine charakteristische und identitätsprägende Gestalt gibt. Die Nord-Süd-Orientierung des Überseeboulevards bleibt als spannendes Stadtraumerlebnis von der Speicherstadt bis zur Elbe erhalten, ergänzt durch die Achse des 10. Längengrads bis zur Überseeplaza im Osten und die San-Francisco-Straße in neuer Höhenlage im Westen. Das südliche Überseequartier wird – bei verbessertem Wetterschutz – den Charakter eines offenen städtischen Raums beibehalten. So kann es positiv auf die gesamte HafenCity-Entwicklung ausstrahlen und das Zusammenwachsen mit der bestehenden inneren Stadt stärken.

Der Einzelhandel wird im südlichen Überseequartier  städtebaulich neu geordnet. Das Konzept sieht eine Einzelhandelsstruktur mit einem Lauf auf zwei Ebenen vor: Das obere Erdgeschoss wird in bisheriger Höhenlage (8,30 bis 9,20 m üNN) als Handelsgeschoss ausgebildet; darunter wird nun auch das Warftgeschoss als Einzelhandelsebene ausgebaut, die Erdgeschosswege werden mit großzügigen Öffnungen versehen. Atmosphärisch bleibt dadurch der Raum oberhalb der Erdgeschossebene als offener Stadtraum zwischen den Gebäuden erhalten. Insgesamt entsteht eine städtebauliche Struktur auf mehreren Ebenen, die ein wettergeschütztes Einkaufserlebnis ebenso ermöglicht wie in einer offenen städtischen Atmosphäre.

Eine wesentliche Neuerung ist ein eigens für diesen Standort konzipiertes Wetterschutzkonzept, das zwei Komponenten umfasst: Durch die Ausrichtung der Gebäude wird die Windexposition insbesondere aus der Hauptwindrichtung reduziert. Außerdem schützt eine gläserne Dachkonstruktion einen Teil der Wegeflächen insbesondere südlich der U4-Haltestelle. Ein solches Konzept erinnert in Grundzügen an ein offenes Galeriakonzept des 19. Jahrhunderts.  Die zentrale Ost-West-Achse über der U-Bahn-Trasse bleibt als offene Wegeverbindung ohne Dach. Die Wegeflächen zwischen den Gebäuden – ob überdacht oder nicht, ob in der Erdgeschossebene oder nicht – werden nicht klimatisiert. Mit diesem Regen- und Wetterschutzkonzept, das durch das renommierte Ingenieurbüro Werner Sobek entwickelt wurde, wird die Aufenthaltsqualität erheblich verbessert.

Statt des ursprünglichen Science Center-Gebäudes, das durch den Wegfall der städtischen Kofinanzierung nicht mehr realisierbar ist, wird als signalsetzendes Gebäude ein bürogenutztes, markantes, ca. 70 m hohes Gebäude in der prominenten Ecklage Magdeburger Hafen/Elbe positioniert. Das Gebäude  nach dem Entwurf des französischen Pritzker-Preisträgers Christian de Portzamparc erhält eine öffentliche Aussichtsplattform (evtl. Gastronomie). Damit gelingt auch ein besonderer Stadtabschluss in der Achse von der bestehenden City zur Elbe.

Nach der Befassung der Hamburgischen Bürgerschaft beginnt die intensive  Planungsphase. Die Architekturentwürfe für die einzelnen Gebäude sollen erarbeitet werden. Das wird das Jahr 2015 überwiegend in Anspruch nehmen. Gleichzeitig wird mit der Erarbeitung eines neuen Bebauungsplans begonnen, auf dessen Basis dann Bauanträge gestellt und Baugenehmigungen erlangt werden können. Der Bau kann voraussichtlich 2017 beginnen, 2021 wird mit der Fertigstellung der zentralen Flächen mit Einzelhandel, Gastronomie, Entertainment, Kreuzfahrtterminal, Hotel und einem Teil der Büroflächen gerechnet.

Im Zuge der Realisierung des südlichen Überseequartiers werden Investitionen von rund 860 Millionen Euro realisiert. Alleine im Einzelhandels-, Gastronomie- und Entertainmentbereich werden Arbeitsplätze entsprechend 1.900 Vollarbeitsplätzen entstehen.