Positionslichter: Perlenkette

Ein Rückblick auf die Gestaltung des Elbufers nach fast 30 Jahren

Mehr als dreissig Jahre ist die Idee jetzt alt, am Hamburger Nordufer der Elbe von der Kehrwiederspize im Osten bis zum Hafen Neumühlen eine Reihe architektonischer Höhepunkte zu schaffen und sie wie in einer Perlenkette aufgereiht am Elbwasser zu präsentieren. Hamburg sollte ein neues Gesicht an der Elbe bekommen und sich endlich in der Einheit mit Altona zeigen, die die beiden einst eigen-
ständigen Städte zusammen mit Wandsbek und Harburg seit 1937 bereits besaßen. Pläne hatte es dazu seit dem einige gegeben: Gleich 1937 war die Neugestaltung des Elbufers Gegenstand eines städtebaulich-architektonischen Wettberwerbes gewesen, dessen Gewinner, Konstanty Gutschow, fortan daran bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges im großen Maßstab plante. Auch Ernst May sah nach dem Krieg vor, im Zuge seiner Planungen für Neu-Altona eine Reihe von markanten Hochhäusern am Elbufer zu bauen.

Positionslichter: Perlenkette

Holzhafen Ost © a-tour

Auch wenn viele Teilnehmer des von Oberbaudirektor Egbert Kossak organisierten Bauforums 1984 noch von einem goßen Wurf in der Art der Gutschow-Planungen träumten wurde doch schnell deutlich, wohin die Reise gehen sollte. Es ging um eine Wiederbelebung der brach gefallenen Industriezonen am Hafenrand, die Wim Wenders in seinem Film „Der Amerikanische Freund“ 1977 noch als romantische Exklaven inszeniert hatte. Zehn Jahre später war der Wiederaufbau der Bebauung am Fischmarkt und die Restaurierung der Fischauktionshalle abgeschlossen. Das neue Verlagsgebäude von Gruner und Jahr am alten Binnenhafen war in Planung und sollte zu Beginn der 1990er Jahre fertig gestellt sein. Auch die Englandfähre brauchte ein Terminalgebäude. 1987 folgte dann der Wettbewerb um die Bebauung des ehemaligen Altonaer Fischereihafens.

Positionslichter: Perlenkette

Schritt für Schritt, Perle für Perle entstand am Nordufer der Elbe eine neue Bebauung. Die einzelnen Gebäude waren eine Zeit lang Solitäre und zwischen ihnen blieben Leerräume. Mit den Bauten am Holzhafen in der direkten Nachbarschaft des Fischmarktes, dem Dockland und den Bauten um den „Elbberg-Campus“ sind zwar große Einheiten ergänzt worden, aber der große Wurf blieb glücklicherweise aus. Die Strategie gezielt injizierter Architekturqualität als Ansporn für eine gute Bebauung ging auf.

Positionslichter: Perlenkette

Campus@Altona © a-tour

Heute ist die Front fast geschlossen. Aber eben nur fast. Die verlorenen und vergessenen Ort, denen Wenders in seinem Film ein zweites Leben gab, sind so gut wie verschwunden. Die Haifischbar oder der Schellfischposten sind noch rare Zeugen aus dieser Zeit und auch der Hafenbahnhof erzählt noch einen alte Geschichte. Ansonsten sind hier neue Stadtquartiere entstanden. Um den Fischmarkt sind sie gelungen in das Geflecht der Stadt integriert worden, aber je weiter man die „Perlenkette“ abschreitet und je kleiner die Zwischenräume zwischen Perlen werden umso schwieriger ist die Integration der Neubau-Injektionen.

Was am Fischmark gelungen ist, muss man um dem „Elbbergcampus“ und in Neumühlen noch vermissen. Hier fehlen die Freiräume, die sich in den Lagergebäuden am neuen Fischmarkt noch finden ließen. Hier haben sich mittlerweile erfolgreich Cafés und Restaurants eingerichtet und geben dem städtischen Leben hier ein Chance. Am Ende sind die Neubauten auf dem Flutschutzsockel in Neumühlen von der Perle zu einer monofunktionalen Durststrecke mutiert, die sich zwischen dem Altonaer Kaisspeicher und beliebten Ausflugsziel Övelgönne auftut. Aber diese Lücke lässt sich übergehen.

Olaf Bartels