Positionslichter: Was passiert auf dem Kleinen Grasbrook?

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, besagt eine alte Fußballweisheit. Aber gilt das auch für Olympische Spiele? Oder besser: Für das Spiel vor den Spielen? Was passiert auf dem Kleinen Grasbrook?

Hamburgs Bewerbung zur Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 ist Ende 2015 bekanntlich bei einer Volksabstimmung durchgefallen. Dabei hätte es so schön werden können: Wir feiern mit der großen weiten Welt ein schönes Sportfest und hinterher haben wir auch dem Kleinen Grassbrook in den in den Olympiabauten und auf dem Olympiagelände Platz für andere schöne Dinge wie neue Wohnungen, neue Sporthallen, neue Schwimmhallen und so weiter. Aus all dem wäre dann auch ein neuer Stadtteil zwischen der HafenCity und Wilhelmsburg entstanden. Der hätte die Entwicklung der Veddel positiv beeinflussen können und beim „Sprung über die Elbe“ hätte die Hamburger Stadtentwicklung nicht gleich nasse oder kalte Füsse bekommen. Wilhelmsburg hätte seine Inselleben ein Stück weiter aufgeben können. Das hätte richtig schön werden können – hätte, hätte, hätte! Wäre da nicht die Volksabstimmung gewesen!

Was passiert auf dem Kleinen Grasbrook?

Soweit die Theorie. Doch leider gab es und gibt es wahrscheinlich ein paar Sportfunktionäre im Fußball, aber auch in den Olympischen Komitees, die weniger an den Sport als an ihr eigenes Konto denken. Wenn die Erinnerung nicht täuscht, schäumten 2015 gerade Skandale dieser Art wieder einmal kräftig auf. Kann man da sicher sein, dass das Geld, auch das der Hamburger Steuerzahlern, das in die Spiel hätte investiert werden müssen, nicht gleich in den Taschen der Funktionäre verschwunden wäre? Der Architekturkritiker Till Briegleb gab zu der Zeit in der Süddeutschen Zeitung aber noch etwas anderes über die Bedenken der Hamburger gegen die Olympischen Spiele zu bedenken: Konnte das Versprechen einer schönen Stadtentwicklung vielleicht schon deshalb nicht verfangen, weil sich der einfache Mann oder die einfache Frau von der Straße davon schlicht nicht angesprochen fühlten? Weil sie vielleicht dachten: Davon haben wir sowieso nichts! Das Geld verdienen ohnehin die anderen. Die bauen sich eine schöne Stadt und wir haben wieder nichts davon.

Hamburg wird sich wohl nicht mehr so schnell wieder für Olympische Spiele bewerben. Der Anlauf von 2015 war ja auch schon der zweite. Jetzt noch einen dritten wagen? Es gibt also wahrscheinlich keine Spiele nach den Spielen. Das Spiel von den Spielen, sprich: Die Idee einer Bewerbung, der Modellentwurf für den Olympischen Park und die Ideen für einen Stadtteil, der daraus entstehen kann – war das alles so schlecht? Sollte man das nicht doch noch einmal durchspielen?

Was passiert auf dem Kleinen Grasbrook?

Kleiner Grasbrook © a-tour

Wenn man heute Politiker bis hin zum Bürgermeister oder Beamte in der Behörde für Stadtentwicklung in Hamburg fragt, ob nicht auf den alten Planen aufgebaut werden könnte, heißt es fast unisono: Der Drops ist gelutscht! Da kommt nichts mehr! Das klingt meist etwas beleidigt. So nach dem Motto: Ihr wolltet ja nicht! In der Tat wird das Geld, mit dem die ansässigen Betriebe auf dem Kleinen Grasbrook zum Verlassen des Geländes hätten bewegt werden können, die Zuschüsse vom Bund, vom Olympischen Komitee und so weiter gekommen wäre, jetzt nicht mehr fließen. Aber kann das ein Grund sein, nicht mehr über die weitere des Gebietes nachzudenken? Und warum müssen eigentlich alle Betriebe verschwinden? Kleinere Unternehmen, die woanders nicht wieder hätten starten können oder wollen, könnten doch vielleicht bleiben. Auch das Hafenmuseum braucht eigentlich seinen jetzigen Standort zum Überleben.

Was passiert auf dem Kleinen Grasbrook?

Masterplan OlympiaCity © KCAP | Arup | Vogt | Kunst+Herbert | gmp | Drees&Sommer | WES | ARGUS | bloomimages | on3studio | Luftbilder Matthias Friedel

Warum kann Hafen- und Stadtentwicklung in Hamburg eigentlich nicht zusammen gedacht werden? In Antwerpen denkt man über die Entwicklung neuer Stadtteile nach ohne die eingesessenen Betriebe unbedingt vertreiben zu wollen. In Kopenhagen befasst sich eine gemeinsame Entwicklungsgesellschaft mit der Hafen- und mit der Stadtenwicklung. Und in Hamburg hat man auch Erfahrungen darin gesammelt, gewerbliche, insbesondere produzierende Nutzungen, auch Hafennutzungen in direkter Nachbarschaft von Wohnbauten zu realisieren. Die IBA hat das für die Schloßinsel in Harburg sowie ihr direktes Umfeld umgesetzt und an der Bille sowie im Hamburger Osten geht es ebenfalls um diese Nachbarschaft.

Das könnte am auch für den Kleinen Grasbrook durchspielen. Nach dem Planspiel ist vor dem Planspiel oder warten die Verantwortlichen doch noch auf eine Gelegenheit für eine Olympiabewerbung?

Olaf Bartels