Telemichel

Die Elbphilharmonie schickt sich an, zum neuen Wahrzeichen Hamburgs zu werden. Sie hat gute Chancen dafür, aber was ist, wenn die Akustik doch nicht hält was sie verspricht? Dann wird aus der Landmarke schnell zur Schandmarke – und das mit soviel Baugeld! Und dann wird es doch nichts mit dem neuen Wahrzeichen. Anders als sich das einige Marketingstrategen vorstellen, kann man kein Wahrzeichen bauen, kreieren oder herbeireden. Die Elbphilharmonie muss diesen Status erst gewinnen. So wie dies der „Michel“ auch einst musste – gegen die Konkurrenz von vier weiteren Türmen von Hamburger Hauptkirchen sowie später dem Turm des Rathauses. Gerüchten zufolge trug dazu vor allem der markanter Turmhelm St. Michealiskirche dazu bei, der bei der Einfahrt in den Hafen als erster der Hamburger Hauptkirchtürme in Erscheinung tritt.

Telemichel

Bis vor Kurzem fand sich in den Souvenirläden neben Modellen des Michels und Bildern der Köhlbrandbrücke noch ein anderer Turm auf Ansichtskarten, als Modell oder als Kugelschreiber – der „Telemichel“, offizieller Name: Heinrich-Hertz-Turm – Hamburgs Fernsehturm: 1966 bis 1968 erbaut, von dem Architekten Fritz Trautwein entworfen und dem Ingenieur Fritz Leonhardt konstruiert. Mit seiner Höhe von 279,2 Metern könnte er nicht die höchst Lage seiner Restaurant- und Aussichtsplattform in Deutschland vorweisen. Dennoch prägte er das Hamburger Messegelände, die Parks in den Wallanlagen, Planten un Blomen und – ob es dessen Bewohner wollten oder nicht – auch das Karolinenviertel. Man musste mit einem zwar von Weitem sichtbaren, aber vor allem technischen Bauwerk als Hamburger nicht unbedingt warm werden und dass man sich aus der Ferne danach sehnte kann auch bezweifelt werden, aber die Aussicht war schon spektakulär. Da kann die Plaza der Elbphilharmonie nicht mithalten.

2004 sind größere Umbauten am Telemichel vorgenommen worden. Der Messeerweiterung wurde sein Fußgebäude mit dem Eingangsbereich geopfert. Damit waren die Aussichtsplattform und das Panoramarestaurant sowie die spektakuläre Bungee-Jumping-Station nicht mehr zugänglich. Ihre Einrichtung aus den 1970ger Jahren wanderte auf den Müll. Der Hamburg Senat hat das verbriefte öffentliche Nutzungsrecht dieser Ebenen seit dem vom Eigentümer nicht mehr wahrgenommen. Das war vielleicht auch ein Grund dafür, dass dieses einstige Wahrzeichen der Hansestadt in Vergessenheit geriet.

Nun will offenbar das Bezirksamt Hamburg-Mitte die beiden öffentlich nutzbaren Ebenen wieder der Öffentlichkeit zugänglich machen: als Restaurant und als Aussichtsplattform. Die Süddeutsche Zeitung berichtete, für den Betrieb sei die DFMG im Gespräch, die auch den Berliner Fernsehturm am Alexanderplatz betreibt.

Sollten diese Gerüchte wahr sein, stünde der „Telemichel“ wieder bereit, wenn es mit der „Elphi“ als neues Wahrzeichen doch nichts werden sollte.

Olaf Bartels

Telemichel

Telemichel © a-tour